Montag, 18. Juli 2011

Daunenweich




(A)
Und dann flüstert er, wie schön du bist,
so leise,
dass es nur ein unsichtbarer,
aus dem Nest gefallener,
um seine letzten Stunden wissender 
Jungvogel,
den er dicht an sein Gesicht gehalten,
gehört, aber nicht verstanden hätte,
ihren Namen.
Die Angesprochene aber wendet sich angewidert ab:
Wie hässlich du bist!
Und sie ruft den Spottnamen,
mit dem die Kinder des Dorfes hinter ihm her laufen.
Er aber presst die Hände gegen die Ohren
und der unsichtbare kleine Vogel fällt
auf blumenlosen Asphalt.

(B)
Und dann sagt sie, wie schön du bist.
Er aber flüstert verwundert und so leise,
dass es nur ein unsichtbarer,
aus dem Nest gefallener,
um seine letzten Stunden wissender 
Jungvogel,
den er dicht an sein Gesicht gehalten,
gehört, aber nicht verstanden hätte,
ihren Namen.
Und auf einmal beginnt sie schallend zu lachen,
bis ihr der Atem vergeht.
Sie rennt zurück zu ihren kichernden Freundinnen
und sie sind sich einig:
Ist der blöd!
Zwischen den Fingern des Jungen aber
quillt der unsichtbare Brei
eines zerquetschten Vogels hervor.


(C)
Und dann flüstert er, wie schön du bist,
so leise,
dass es nur ein unsichtbarer,
aus dem Nest gefallener,
um seine letzten Stunden wissender 
Jungvogel,
den er dicht an sein Gesicht gehalten,
gehört, aber nicht verstanden hätte,
ihren Namen.
Sie aber sieht ihn an,
als hätte sie ihn noch nie zuvor gesehen.
Und der Spottname,
mit dem die Dorfkinder hinter ihm her liefen,
gleitet von seinen Zügen.
Für ihr Lächeln schenkt er ihr
den noch immer unsichtbaren Vogel.
Und kaum,
dass der ihren Handteller berührt,
fängt er zu fliegen an.
In seinem hellen Lied
werden zwei Menschen
für alle anderen
unsichtbar.

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